Autor: Dr. Sabine Ozgönül-Wagner
Zu erkennen ob einem Fisch das Futter schmeckt und auch gut tut ist deutlich schwieriger als bei Hunden oder Katzen
Die richtige Fütterung ist eines der schwierigsten Themen in der Tierhaltung überhaupt. Bei Hunden und Katzen gibt es gar schon – mit nahezu religiöser Inbrunst betriebene – Grabenkämpfe, wer denn nun der bessere Dosenöffner ist. Der Veganer oder doch der BARFer, selbstgekocht oder vegetarisch, Dose oder Trockenfutter,…. Auch bei Landsäugetieren ist natürlich nicht ganz unwichtig was dabei hinten rauskommt – egal ob gasförmig oder fest – aber es landet meistens wenigstens nicht im eigenen Wohnzimmer. Bei Fischen ist vieles anders und auch viel schwieriger…
Was ist bei der Wahl des Fischfutters zu beachten?
- Zu erkennen ob einem Fisch das Futter schmeckt und auch gut tut ist deutlich schwieriger als bei Hunden oder Katzen
- Bei wechselwarmen Fischen muss man Faktoren beachten, die bei gleichwarmen Säugetieren keine Rolle spielen
- Besonders beim Zierfisch ist die Auswirkung des Futters auf Kiemen und Haut (und vor allem auf die Farbe der Haut) enorm wichtig
- Zierfische leben in der Regel in einem kleinen abgeschlossenen System und haben keine Toilette
- Der Einfluss des umgebenden Mediums Wasser ist viel größer als das der uns umgebenden Luft
- Was fressen Karpfen in der Natur eigentlich überhaupt?
Der Koi ist ein Karpfen
Fangen wir mal ganz von vorne an: Der Koi ist ein Karpfen. Auch wenn er schön bunt und elegant daher kommt, ist er ein Karpfen (Cyprinus carpio). Karpfen sind – Achtung wichtig – KÄLTETOLERANTE WARMWASSERFISCHE! Das heißt, Stoffwechsel, Immunsystem und Verdauung funktionieren ab 15°C Wassertemperatur erst so richtig gut. Zwischen 15 und 24° C fühlt er sich am wohlsten, frisst, wächst und gedeiht – solange das Wasser ausreichend Sauerstoff enthält. Fällt die Wassertemperatur unter 4°C ab, drohen den Fischen Kälteschäden, die nicht immer sofort zum Tod führen, sich aber über die Jahre aufsummieren und zu Langzeitschäden an verschiedenen Organen führen können. Auch plötzliche Temperaturschwankungen verursachen z.T. massive Probleme, wobei eine plötzliche Temperaturabsenkung noch deutlich schlechter vertragen wird als eine rasche Erhöhung. Optimal ist es je °C Temperaturveränderung 2,5 Tage einzuplanen.
Merke: überleben kann der Koi von 2 – 35°C, besser zwischen 4-28°C, ausreichende Sauerstoffversorgung wichtig, plötzliche Temperaturschwankungen vermeiden
Warum ist die Temperatur beim Fressen wichtig?
Der Karpfen ist ein wechselwarmes Lebewesen, dessen Körpertemperatur nur knapp über der des ihn umgebenden Wassers liegt. Damit gehen Veränderungen im Stoffwechsel einher. Beispielsweise lässt die Aktivität der Verdauungsenzyme immer mehr nach, je weiter die Wassertemperatur absinkt. Gleichzeitig sinkt aber auch der Energie- und Sauerstoffbedarf, ebenso wie die Geschwindigkeit der Stoffwechselvorgänge. Auch der pH Wert des Wassers spielt eine große Rolle. Günstig für den Karpfen ist ein leicht saurer pH Bereich, da bei Werten zwischen 6,2 und 6,5 ausgeschiedene Eiweißabbauprodukte eher als ungefährliches Ammonium im Wasser vorliegen und nur zu einem kleinen Teil als giftiges Ammoniak. Aber die Wasserwerte sind auch noch mal ein eigenes Thema, das an anderer Stelle vertieft werden sollte.
Nicht zuletzt ist die Zusammensetzung des Futters von entscheidender Bedeutung
Bekannt ist, dass Fett der Hauptenergieträger in der Nahrung ist, gefolgt von Kohlenhydraten. Studien haben gezeigt, dass Weizen eine gute Kohlenhydratquelle für Mastkarpfen darstellt. Noch besser ist Fett, ganz besonders Fischöl. Enthält ein Karpfenfutter ausreichend Fett als Energieträger, sinkt die Ausscheidung von Ammonium/Ammoniak dramatisch ab, was den Organismus des Fisches und vor allem das Teichsystem sehr entlastet [4]. Durch eine Erhöhung des Fettgehaltes im Futter von 5,6 % auf 17,4% wurden die Ausscheidung von Ammonium/Ammoniak ebenso wie die Überwinterungsverluste fast halbiert [1].
Jetzt gibt es Koi-Besitzer, die einen wunderschön aufgeräumten Teich besitzen und ab 13°C Wassertemperatur ihre Fische nicht mehr füttern, da es ihnen angeblich schaden würde. Haben Sie in freier Natur jemals einen Fisch mit einem Thermometer gesehen? Nein? Ich auch nicht. Stellen Sie sich vor, wir haben einen frühen und kalten Winter, bei dem die Wassertemperatur von Oktober bis März unter 13°C liegen. Dann bekämen die Fische bei oben erwähnten Besitzern fast ein halbes Jahr kein Futter und in einem klassischen Koiteich finden sie auch keine Naturnahrung. Woher sollen die Tiere die Energie nehmen, um die Temperaturerhöhung im Frühling zu verkraften?
Futtermenge anpassen
Die Fische wissen schon, wie lange sie noch fressen können und solange die Tiere Interesse am Futter zeigen, werden sie auch gefüttert. Nur die Menge muss mit etwas Fingerspitzengefühl angepasst werden, aber die richtige Futtermenge soll Gegenstand eines weiteren Blogs sein. Auch die Zusammensetzung des Futters muss angepasst werden. Im Sommer kann die Energie ruhig aus Kohlenhydraten stammen. Aber Achtung, ein zu viel an Kohlenhydraten führt rasch zu Verfettung. In der Übergangszeit und im Winter sollte man mit einem fett- und eiweißreichen Konditionierungsfutter füttern. Denn im Gegensatz zu Kohlenhydraten können Fette (ungesättigt und am besten aus tierischen Quellen) und Eiweiße auch bei niedrigen Temperaturen gut verdaut werden. Ein Verhältnis Fett zu Eiweiß von etwa 1:2 ist empfehlenswert. Aber immer auf die Futtermenge achten, da sonst die Wasserwerte schlecht werden und Futter, das nicht aufgenommen wird, im Teich vergammelt.
Merke: empfohlene Zusammensetzung des Futters abhängig von Wassertemperatur, bei niedrigen Temperaturen sollte die Haupt-Energie aus ungesättigten Fettsäuren stammen.
Warum ist das so? Nun, das hängt direkt mit der Nahrung zusammen, auf die sich Karpfen im Laufe der Evolution spezialisiert haben. In der Natur leben Karpfen in trüben Teichen, in denen sie mit ihrem unterständigen Maul den Boden nach Nahrung durchwühlen. Und was genau finden die Tierchen in so einem Naturteich?
Karpfen sind Fleischfresser
Je größer der Karpfen wird, desto größer werden auch die Tiere, die er verspeist. Hauptsache, die Beute passt durch den Schlund. Im Naturteich fressen sie als Jungfische vor allem Zooplankton (kleine Larven, Wasserflöhe, Mückenlarven, Eier anderer Fische, Krebstiere uvm.) [3][6]. Mit zunehmender Größe werden Schnecken, Muscheln, Würmer, Larven, Bachflohkrebse, Süßwasser-Shrimps und durchaus auch kleine Fische verzehrt [5]. Karpfen haben Schlundzähne, mit denen auch Wasserschnecken geknackt werden können. Das Haus wird ausgespuckt. Es wird auch immer ein Teil pflanzliche Kost mitverzehrt. Im Fall des Planktons automatisch, da tierisches Plankton sich von Mikroalgen ernährt und diese zum Teil noch unverdaut im Zooplankton enthalten sind. Auch die größeren Nährtiere haben pflanzliche Substanzen vorverdaut in ihrem Verdauungstrakt. Der erwachsene Karpfen steht – zumindest in seinem Teich – relativ weit oben in der Nahrungskette und nimmt mit seinen Beutetieren Stoffe auf, die sich in ihnen im Verlauf der Nahrungskette angereichert haben. Faserstoffe, Vitamine, ungesättigte Fettsäuren, Eiweiße, Mineralstoffe,…
Der Verdauungstrakt des Karpfens ist also bestens für das Verdauen von tierischer Kost geeignet, kann aber auch pflanzlicher Substrate verarbeiten, besonders, wenn diese durch das Beutetier vorverdaut wurden oder man durch Erhitzen den Vorverdau imitiert. Das „Knabbern“ an Fadenalgen, das man häufig im Teich beobachten kann, ist eigentlich die Suche nach kleinen Nährtieren oder mit viel Glück einem bisher unentdeckt gebliebenen Futterkörnchen. Am Kot der Tiere kann man erkennen, dass aufgenommene Fadenalgen mehr oder weniger unverdaut wieder ausgeschieden werden. Zum Leidwesen vieler Teichbesitzer, lieben Koi aber offensichtlich bestimmte Wasserpflanzen, ganz besonders z.B. die Knollen der meisten Seerosenarten. Tatsächlich verschmäht der Karpfen wenig, auch trockenes Brot wird gerne genommen, aber wir Menschen essen und trinken ja auch Verschiedenes gerne, was uns nicht wirklich gut tut. In den warmen Monaten stellen in Maßen gefüttert weder Brot noch Seidenraupen oder andere Leckereien ein Problem dar.
Futterautomat entlastet Teichsystem und Verdauung der Koi
In der Natur sind die Tiere den ganzen Tag mit der Nahrungssuche beschäftigt und nehmen immer nur kleine Mengen Nahrung auf. Im Koiteich ist es mehr oder weniger üblich, ein- oder zweimal täglich die Tagesration zu verabreichen. Das ist nicht optimal. Zum einen langweilen sich die Tiere (wenig Aufwand für die Futtersuche) und zum anderen stellen wenige, große Portionen eine Belastung für das Teichsystem und vor allem für den Verdauungsapparat und die Kiemen der Fische dar. Der Magen der Koi ist beispielsweise sehr klein. Viel besser wäre es, mit einem Futterautomaten über den Tag verteilt kleine Portionen zu verabreichen. Das entlastet das System und den Verdauungstrakt der Fische. Außerdem sind die Fische beschäftigt. Um die Fische an die Hand zu bekommen, kann man ja abends nach Feierabend die besonderen Leckerbissen füttern.
Sinkfutter – natürlichste Art der Fütterung
Zu guter Letzt noch die Form der Nahrungsaufnahme. Hier muss man als Koibesitzer leider hinnehmen, dass Karpfen eigentlich Gründler sind, also ihre Nahrung am Boden ihres Lebensraums aufnehmen. Daher wäre ein Sinkfutter die natürlichste Art der Fütterung. In der Tat ist es für die Wintermonate empfehlenswert, Sinkfutter zu verabreichen, um den Tieren in der kalten Jahreszeit den energieaufwendigen Aufstieg an die Wasseroberfläche zu ersparen. Aber ebenso wie die Futtermenge ist die Praxis der Fütterung im Winter ein umfangreiches eigenes Thema. Füttert man die wertvollen und geliebten Koi immer nur am Boden, läuft man Gefahr, Verletzungen, Hautveränderungen oder Probleme mit der Futteraufnahme zu übersehen oder zumindest sehr verspätet zu bemerken. Von daher ist es ratsam zumindest zum Teil mit einem Schwimmfutter zu füttern. So hat man täglich die Gelegenheit, die Fische in Augenschein zu nehmen. Ich kenne einige Teiche, bei denen an einer Seite sogar ein Fenster eingebaut wurde, um auch den Bauch der Fische anschauen zu können, ohne die Tiere jedes Mal fangen zu müssen.
was ist dran an KATZENFUTTER für KOIS…mein Freund hat 13 Fische und schwört drauf (!!!)
Na ja. Der Koi wird es irgendwie verdaut bekommen, aber auf lange Sicht kann es zu Krankheiten aufgrund einer Fehlernährung kommen. Ich wäre da etwas vorsichtig.